Bald kommt der Lenz – nur noch ein Weilchen,
dann tritt er durch das bunte Tor.
Schon recken unterm Laub die Veilchen
in tausend Knospen sich empor.
Geheimnisvoll Kräfte weben
am Riesenteppich der Natur
und unsichtbare Mächte heben
ihn bald auf die erwachte Flur.
Dann kommt der Lenz. Ob deinem Hoffen
Erfüllung wird zur Blütenzeit?
Ob deine Wünsche bleiben offen
in neuen Sorgen, neuem Leid?
Das ist des Herzens stumme Frage,
die Ungezählte bang bewegt,
die mit uns wandert durch die Tage
und nachts sich uns aufs Kissen legt.
Doch wenn in Wäldern und in Auen
der Frühling zieht als Sieger ein,
dann soll ein gläubiges Vertrauen
uns allen Weggeselle sein.
Karl Siebert 1931